Mittwoch, 9. September 2015

Bericht vom Seminar 2015: Mittwoch, 29.07.2015, am Vormittag

Beiträge von Franz Dwertmann, Miriam Hannig und Reuven Grimberg-Adir. Die Beiträge von Miriam und Reuven sollten ursprünglich parallel stattfinden, wurden dann aber für alle Hörer zugänglich gemacht, allerdings verkürzt und nicht in Workshop-Format.


I. Franz Dwertmann: Israels Image in deutschen und deutsches Image in israelischen Schulbüchern
Teil 1:

Zur Einführung des Beitrags -  Frage: Welche Kollegen setzen Schulbücher im Unterricht ein? Antworten: Abhängig vom Fach, von der Alterstufe, von Schulart, von Unterrichtssituation etc. Beiden Seite waren offen für eigenes Material, aber auch für den Einsatz von didaktisch/ pädagogisch fundierten Unterrichtswerken. Es wurde von deutscher Seite angemerkt, dass ein Lehrwerk mehrere Qualitätsprüfungen zu überstehen hat, bevor es im Unterricht eingesetzt werden kann.

Der Beitrag selber dann gestaltete sich in Form eines Berichts über die Kommission von deutschen und israelischen Experten. Thema: Darstellung des Holocaust in deutschen und israelischen Schulbüchern und der Frage des "Images of the other".

Der Vortragende wies darauf hin, dass Sozialkundebücher (außer Politik- und Geschichtsunterrichtswerke) neu in die Untersuchung aufgenommen wurden.

Die Kommission hat:  - Veränderungen zw. 1985 und 2010 (z. Bsp. Ost-Westkonflikt)
- Neue Generationen von Schülern (Türken in D.), Lehrern,
                                     Büchern
- eine didaktive Aufbereitung des Unterrichtsstoffes
mit in ihre Untersuchung aufgenommen.

Kommission:
Arbeitsgruppen bestehend aus: Wissenschaftlern/ Fachdidaktikern/ Pädagogen
Hilfestellung bez.  wissenschaftliche Beratung (Moffitt)/ methodischem Prozedere/ Untersuchung der jeweiligen Schulbüchern+Analyse/ Übersetzungen
Unterschiedliche Schulbuchsysteme, unterschiedliche Werke (u.a. Auswahl aus 1200 SB in D - 94 ausgewählt, 120 in I - 44 ausgewählt), unterschiedliche Darstellung des Holocaust (in 28 dt. Schulbüchern) mussten berücksichtigt werden.

Reaktionen in D.: s. TAZ Bericht und Kommentar (Datumsangabe nicht vorhanden).

Schulbuchdiskussion: Dazu verwies der Vortragende auf das Eckert-Institut als internationalen Vergleich.

Kriterien:
How to deal with emotions/ The resistance of the student/ Create atmosphere/ Priority: victims, offenders, bystanders/ Transfer to present society/ Transfer to other peer groups (Roma, Sinti etc.)/ Opferdiskussion
Das Institut gibt keine Empfehlungen für Lehrer.
Teil 2:

Darstellung des Holocaust in deutschen Geschichtsbüchern:

Kritik positiv:
- Thema ist verpflichtend → Zivilisationsbruch/ Singularität/ chronologische
  Darstellung
- viele Quellentexte → auch aus Täterperspektive: Agitation und Verfälschung
- Darstellung der Gegenwehr der Juden, da wo realistisch, aber auch wo nicht.
- Berichte von Betroffenen (noch mehr wäre wünschenswert)  bez. auch auf Jetztzeit:
  Berichte von Gleichaltrigen - Verbindung zu heutigen Gefahren.

Kritik negativ:

- Teilhabe an kulturellem Leben findet zu wenig oder gar keine Darstellung.
-  sprachlich: zu viele Passivkonstruktionen
-  keine Kontextualisierung der Fotos
-  zu starke Fixierung auf prominente Nazis, Eigenverantwortlichkeit der "kleinen
   Leute" mehr in den Vordergrund rücken.
-  Es wird zu stark die deutsche Seite betont. Andere Länder mit einbeziehen. Allg.
   Verweis der Unmenschlichkeit im Menschen fehlt.
-  Vergessen wird eine Darstellung aus der Sicht Osteuropas.
-  Die Darstellung Israels allg. in deutschen Geschichtsbüchern: Zu stark auf den
   Nah-Ost-Konflikt reduziert
                  
Darstellung Deutschlands in israelischen Geschichtsbüchern:

→ einheitliche Menschheitsgeschichte
→ D wird umfassend behandelt
→ Zeit nach dem 2. Weltkrieg spielt D keine Rolle
→ Lehrplan für Geschichte in der Oberstufe: jüdische Geschichte
→ sachliche Darstellung der Judenverfolgung im Mittelalter
→ Darstellung des 19. Jh als Sonderweg der deutschen Geschichte: wird kritisiert.
→ so auch: Weimarer Republik als Nur-Vorgeschichte für den Nationalsozialismus
→ gelobt: allgemeine Offenheit für Geschichte (?)

Fragen an die Schüler werden in den Geschichtsbüchern formuliert so z.B.:

- Mitverantwortung der deutschen Bevölkerung am Holocaust?
- Ist der Antisemitismus in D (Europa) verwurzelt?
- Wurde Völkermord geplant?

Teil 3:

Fragen und Anmerkungen:

Annika: Wer sind "Juden" eigentlich?
Dazu Anregungen: Sprechen über das Judentum. Reflektieren über das Judentum in komplexeren Zusammenhängen.

Franz: Kritik an Schulbüchern: Zwänge/ Platzmangel/ Darstellung in dt. Geschichtsbüchern auf 6 Seiten (was? Holocaust/ heutiges Israel???)

Ida: Nicht nur Juden sind verfolgt und ermordet worden. Wird diese Tatsache auch in den deutschen Geschichtsbüchern dargestellt? Antwort: Ja.

Mittelalterdarstellung in israelischen Geschichtsbüchern: D hat keine große Gewichtung, sondern der Islam, das Christentum und die Reformation.

Neues D ist in den israelischen Geschichtsbüchern so gut wie nicht vertreten.

Ilke: Kommentar: D gab es nicht im Mittelalter.



      II. Reuven Grimberg-Adir: The Power of Caricatures

Der Referent untersuchte den Antisemitismus in Karikaturen. Eine Unterscheidung von Israel (Staat), Judentum, Zionismus gibt es, spielt jedoch in ihrer defätistischen Aussage keine Rolle. Beisp. Die israelische Armee wird in Wehrmachtsuniform dargestellt, die Shoa und die Palästinaproblematik, Sperranlage zw. Israel und palästinensischem Gebiet mit Mauer von Auschwitz gleichgesetzt.  

Definition der Karikatur: Übertreibung gewisser Charakteristiken zum Zwecke der Propaganda, aber auch eingesetzt als Werbeinstrument. Eine Karikatur unterliegt keiner "Wissenschaftlichkeit", spricht letztendlich nur Emotionen an.

Frage: An wen ist Karikatur gerichtet?
Offen. Heute übers Netz verbreitet an jeden, der sich als Adressat sieht. Verbreitung weltweit. Breitenwirkung. Dazu: Unterschwelliger (versteckter) Antisemitismus lässt sich über Karikaturen gut transportieren.

3 D-Standard, der in diesen Karikaturen zu finden ist: Dämonisierung, Diffamierung, double Standard.

Andererseits: Wann ist Kritik (z. Bsp. gegenüber dem israelischen Staat geäußert) nicht antisemitisch?

Fragen und Anmerkungen wurden während des Vortrages beantwortet bzw. entgegengenommen.

Fazit: Durch die weltweite Vernetzung wird dem Antisemitismus Vorschub geleistet; Karikaturen sind "exzellente Transporteure".
Aufklärung ist beste Vorsorge.





III.            Miriam Hannig: "Auschwitz will never return", Students` Tour

Motto: Dass Auschwitz nie wieder sei! In Anlehnung an Adornos Zitat: Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die beste Erziehung.

Bericht von der Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz im 70-zigsten Jahr der Befreiung.


Ziele dieser Fahrt waren: 

Wie soll die Wissensvermittlung stattfinden (päd./ meth. Ansatz)?
Welche pol. Message soll diese Vermittlung beinhalten?
Welche Schlüsse sind zu ziehen?

Die aufkommende Frage war: Was kann besser in der Vermittlung (des Holocaust) gemacht werden?

Die Referentin berichtete über die gegenwärtige Situation in Bayern.
Eine Gedenkstättenfahrt (Besuch eines Konzentrationslagers) muss in Klasse 9 Hauptschule gemacht werden. Bei Förderschulen handelt es sich um eine Kann-Bestimmung.

Antrag (von wem? an wen?): Soll für alle Schularten verpflichtend sein.

Anschließende Diskussion über Verpflichtung oder nicht.

Israelischer Anmerkung: Beitrag zum Rabi-Gedenktag.

Hans.Martin Trichtinger

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