„Die Familien-Biografien der israelischen Teilnehmer haben
mich sehr berührt“, sagt Christiane, als wir uns abschließend über das 27.
Begegnungsseminar von GEW und Histadrut HaMorim unterhielten, zu dem jeweils 15
KollegInnen der beiden Lehrergewerkschaften nach Tel Aviv eingeladen worden
waren. Im Mittelpunkt steht seit den 60er Jahren die Frage, wie wir in der
Schule angemessen mit dem Holocaust umgehen. „Das Ausmaß der Gräuel anhand
konkreter Lebensgeschichten und wenig bekannter Aspekt zu erfahren, war
überraschend“, fährt Christiane weiter fort. Sie unterrichtet an einem
Gymnasium in Delmenhorst, ist Mitglied in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
und arbeitet selbst über jüdische Biografien. „Das intellektuelle Niveau, der
politische Anspruch und die Herzlichkeit aller KollegInnen haben mich
beeindruckt“.
Eine Woche lang ging es um Themen wie „Teachers in the
Ghettos“, Holocaust-Erziehung in der Grundschule?“ , Memorial Sites and
the Culture of Commemoratin“, „Die Bilder vom anderen: Israel - Deutschland und
der Holocaust in den Schulbüchern“, „Pädagogische Erziehung gegen Gewalt,
Diskriminierung und Rassismus. Aktuelle Projekte an einer Gesamtschule in NRW“.
„The power of Caricatures“,
„Teaching the Holocaust – an Berufsschulen“. Alle Vorträge, workshops
oder Präsentationen waren von den TeilnemerInnen selbst vorbereitet worden.
An der Vorbereitung und Organisation dieses traditonsreichen
Seminars ist auch die Friedrich-Ebert-Stiftung beteiligt: Sie ist bei den
Vorbereitungsseminaren dabei, wo über die
aktuelle schulische, gewerkschaftliche und politische Situation in
beiden Ländern informiert wird, sie sorgt für Dolmetscher und kann bei vielen
Fragen Hilfestellungen geben. Für die deutsche Seite ist die „International
School for Holocaust Studies in Yad Vashem“ über die Begegnung vor Ort eine
wichtiger Ansprechpartnerin. Interessant war auch die Mischung der
Teilnehmerschaft: Während von der GEW überwiegend junge KollegInnen (aus 8
Landesverbänden) dabei waren, waren die israelischen KollegInnen überwiegend um
die 50, hatten noch einen intensiven persönlichen Bezug zum Schicksal ihrer
Verwandten.
Daniela, die an einer Grundschule in Magdeburg unterrichtet,
war besonders vom zweiten Teil der Begegnungsreise beeindruckt: Die Begegnung
mit einem Kibbutzveteranen, der die wechselvolle Geschichte seines Dorfes an
der libanesischen Grenze erzählte, die Vielfalt des jüdischen, christlichen und
mulimischen Lebens in Jerusalem und woanders. „Die Begegnung mit so vielen sehr
unterschiedlichen Menschen, der Blick auf den Tempelberg von unserem Gästehaus,
Sorona – das völlig renovierte Viertel der christlichen Templer-Bewergung aus
dem 19. Jahrhundert, die Wüste, Massada, das Tote Meer. Eindrücke auf so vielen
Ebenen, ein Superlativ nach dem anderen erlebt– für mich eine der
bereicherndsten Reisen, die ich je gemacht habe. Mein Israel-Bild, das durch
unsere Medien geprägt war, wurde gründlich verändert“.
Franz Dwertmann
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