2015 - Lange Tradition und heutige Sichtweisen: Das 27. deutsch-israelische Begegnungsseminar in Tel Aviv

„Die Familien-Biografien der israelischen Teilnehmer haben mich sehr berührt“, sagt Christiane, als wir uns abschließend über das 27. Begegnungsseminar von GEW und Histadrut HaMorim unterhielten, zu dem jeweils 15 KollegInnen der beiden Lehrergewerkschaften nach Tel Aviv eingeladen worden waren. Im Mittelpunkt steht seit den 60er Jahren die Frage, wie wir in der Schule angemessen mit dem Holocaust umgehen. „Das Ausmaß der Gräuel anhand konkreter Lebensgeschichten und wenig bekannter Aspekt zu erfahren, war überraschend“, fährt Christiane weiter fort. Sie unterrichtet an einem Gymnasium in Delmenhorst, ist Mitglied in der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und arbeitet selbst über jüdische Biografien. „Das intellektuelle Niveau, der politische Anspruch und die Herzlichkeit aller KollegInnen haben mich beeindruckt“.

Eine Woche lang ging es um Themen wie „Teachers in the Ghettos“, Holocaust-Erziehung in der Grundschule?“ , Memorial Sites and the Culture of Commemoratin“, „Die Bilder vom anderen: Israel - Deutschland und der Holocaust in den Schulbüchern“, „Pädagogische Erziehung gegen Gewalt, Diskriminierung und Rassismus. Aktuelle Projekte an einer Gesamtschule in NRW“. „The power of Caricatures“, „Teaching the Holocaust – an Berufsschulen“. Alle Vorträge, workshops oder Präsentationen waren von den TeilnemerInnen selbst vorbereitet worden.

An der Vorbereitung und Organisation dieses traditonsreichen Seminars ist auch die Friedrich-Ebert-Stiftung beteiligt: Sie ist bei den Vorbereitungsseminaren dabei, wo über die  aktuelle schulische, gewerkschaftliche und politische Situation in beiden Ländern informiert wird, sie sorgt für Dolmetscher und kann bei vielen Fragen Hilfestellungen geben. Für die deutsche Seite ist die „International School for Holocaust Studies in Yad Vashem“ über die Begegnung vor Ort eine wichtiger Ansprechpartnerin. Interessant war auch die Mischung der Teilnehmerschaft: Während von der GEW überwiegend junge KollegInnen (aus 8 Landesverbänden) dabei waren, waren die israelischen KollegInnen überwiegend um die 50, hatten noch einen intensiven persönlichen Bezug zum Schicksal ihrer Verwandten.


Daniela, die an einer Grundschule in Magdeburg unterrichtet, war besonders vom zweiten Teil der Begegnungsreise beeindruckt: Die Begegnung mit einem Kibbutzveteranen, der die wechselvolle Geschichte seines Dorfes an der libanesischen Grenze erzählte, die Vielfalt des jüdischen, christlichen und mulimischen Lebens in Jerusalem und woanders. „Die Begegnung mit so vielen sehr unterschiedlichen Menschen, der Blick auf den Tempelberg von unserem Gästehaus, Sorona – das völlig renovierte Viertel der christlichen Templer-Bewergung aus dem 19. Jahrhundert, die Wüste, Massada, das Tote Meer. Eindrücke auf so vielen Ebenen, ein Superlativ nach dem anderen erlebt– für mich eine der bereicherndsten Reisen, die ich je gemacht habe. Mein Israel-Bild, das durch unsere Medien geprägt war, wurde gründlich verändert“.

Franz Dwertmann 

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